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Jahreslosung 2022

3. Januar 2022

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen

Joh 6,37
Was für ein großartiger Satz, die neue Jahreslosung! Jesus öffnet alle Türen. Er stellt keine Bedingungen und erwartet keine Vorleistungen. Er stellt keine Regeln auf und baut keine Hürden auf. Er fragt nicht, mit wem und wie du lebst und liebst. Er macht dir keine Vorhaltungen, dass du dich schon länger nicht mehr bei ihm hast blicken lassen. Er macht dir nicht zum Vorwurf, dass du in weiten Teilen deines Lebens ganz gut ohne ihn auskommst. Er sagt: Schön, dass du gekommen bist. Tritt näher. Fühl dich wie zu Hause. Setz dich an meinen Tisch und sei mein Gast. Erzähl mir, was dich bedrückt und was dich erfreut. Und sei gewiss: Du bist gesegnet und sollst ein Segen sein.

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.

Was für ein Unterschied zu den Zäunen, die wir um unsere Kirche bauen und mit denen wir die Getauften von den Ungetauften, die Protestanten von den Katholiken, die Kerngemeinde von den Heiligabendchristen, die Frommen von den Zweiflern trennen. Es bekümmert mich, wenn mir immer wieder Menschen erzählen, wie sie abgewiesen wurden von der Kirche und ihren Repräsentantinnen und Repräsentanten: Das schwule Paar, das so gerne kirchlich getraut worden wäre. Die alleinerziehende Mutter, die ihr Kind taufen lassen möchte. Der zweifelnde Mann, der für seine Fragen und seine Suche keine Resonanz in seiner Gemeinde findet. Die Singlefrau, die sich nicht gewürdigt fühlt mit ihrer Lebensform und die skeptischen Blicke spürt.

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.

Was für ein Unterschied zu denen, die einen Zaun um unser Land und um unseren Wohlstand bauen. Denen zu den Menschen aus Kabul, die sich im Spätsommer des vergangenen Jahres an startende Flugzeuge klammerten, nur der erbärmliche Satz einfiel: „2015 darf sich nicht wiederholen!“ Denen, die so bedrückend einfallsreich sind, Menschen abzuweisen und auszugrenzen. Die vor der „Einwanderung in die Sozialsysteme“ warnen und von „Pull-Effekten“ raunen, wenn es mit Hilfe eines kirchlichen Rettungsschiffs ein paar Dutzend Flüchtlingen tatsächlich gelungen ist, Europa zu erreichen.

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.

Was für ein großartiger Satz, die neue Jahreslosung. Wenn Gottes Herz so weit ist, wie könnte unseres dann eng sein? Wenn Jesu Türen so weit offen stehen, wie könnten wir sie dann verschließen? „Komm, o mein Heiland Jesu Christ / meins Herzens Tür dir offen ist. / Ach zieh mit deiner Gnade ein, dein Freundlichkeit auch uns erschein.“ Das singen wir im Advent. Aber es gilt das ganze Jahr: Jesus weist uns nicht ab. Wir sind ihm willkommen. Und wer dies erlebt und erfährt, ein gern gesehener Gast bei Gott zu sein, der wird selbst diese Haltung verkörpern und ausstrahlen und sagen: „Ich bin zwar nicht Jesus. Aber wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“

Martin Treichel